Wozu braucht man so eine Gitarre?
Verarbeitung:
Perfekt! Punkt!
Tatsächlich habe ich in dem Preisbereich noch keine besser verarbeitete Gitarre erlebt. Jedes Detail ist sauber und wertig ausgeführt! Wirklich toll.
Bespielbarkeit ist dank eines minimalen V-Shapes bis ca. zum 5. Bund hervorragend und sehr angenehm zu greifen. Keine scharfen Bundenden oder sonstigen Kinderkrankheiten. Alles super!
Klang - akustisch:
Die Gitarre klingt boxy und extrem mittig. Bässe sind hier Fehlanzeige. Wärme nur minimal und nur soweit ausgeprägt, dass es nicht harsch klingt. Bemerkenswert und davon lebt die Gitarre, ist der Mitten- Punch. Hierfür ist wohl der Archback und die massive Fichtendecke verantwortlich. Glücklicherweise klingen die Höhen nicht hart, sondern haben etwas samtiges. Das entschärft die Gitarre etwas und lässt den Gesamtklang trotz wenig Bässen, Wärme, Volumen, Plastizität und Tiefe ausgewogen und angenehm klingen. Tatsächlich gibt es keine nervigen Frequenzen oder Untertöne, die die Gitarre unnatürlich klingen lassen.
Insgesamt gefällt mir der sonore und amerikanisch klingende Grundsound. Country, Folk, Blues und Bluesgrass wird locker und absolut authentisch dargeboten. Die Gitarre klingt knackig und nicht zu weich, wie viele andere Parlor Modellen in dieser Preisklasse.
Als direkten Vergleich konnte ich meine Fender Malibu Player spielen. Die in allen Bereichen härter, kühler und kleiner klingt, obwohl sie jetzt 1,5 Jahre eingespielt wurde und live durchaus funktioniert. Die Guild bietet hier out of the box schon deutlich mehr Klang.
Klang - verstärkt:
Hier ist er wieder der Fishman Sonitone! Diesmal getarnt als Guild AP-1... JUHU!!! Entweder man hasst ihn, oder man kann ihn nicht leiden. Bislang hat mich noch keine Gitarre mit diesem Pickup überzeugt. Besonders schade finde ich, dass Gibson nun diesen Pickup in seinen Studio- Modellen verbaut. Das muss wirklich nicht sein Gibson.
Auch in der Guild bleibt er seinem Charakter treu. Dumpf, seltsamer Attack mit komischen Obertönen und dieser Mitten-Quack. Allerdings auch recht punchy, was ich hier sogar ganz gut finde.
Abhilfe kann man bis zu einem gewissen Maß mit einem Preamp schaffen. Ich habe mal den K&K Pure Preamp dazwischen geschaltet. Durch erhebliches Reduzieren der Mitten, lässt sich hier das Schlimmste herausfiltern. Der Bassregler erzeugt zwar keine tatsächlichen Bässe, allerdings die nötige Wärme, um die Gitarre auch unten rum ausgewogen klingen zu lassen. Hier fällt auch nochmal eine tolle Trennschärfe der Saiten, speziell im Bassbereich auf. Höhen minimal dazu, was auch gut funktioniert, da hier im Grundsound der Gitarre schon alles seidig und nicht harsch klingt.
Tatsächlich bietet die kleine Guild so nun einen ansprechenden Sound mit genügend Power für die Bühne.
Wozu braucht man nun diese Gitarre?
Ich wollte eine funktionale Bühnengitarre für kleine Locations, Pubs, Biergärten und was derzeit alles möglich ist, zu Zeiten von Corona und man nicht seine teuren Gibson, Martin etc Gitarren verschleißen möchte. Quasi grap-n-go. Für mich funktioniert das mit dieser Guild sehr gut.
Wer auf oben beschriebenen Grundsound steht, ähnliche Einsatzgebiete hat, aber auch Leute mit kleineren Händen oder Bodysize, können hier zugreifen. Ebenso Anfänger die gerne eine wirklich gute, dynamische und leicht zu spielende Gitarre suchen, die mit einem Pickup perspektivisch kleine Open Stages etc. anvisieren.
Für Recordings würde ich eher zu plastischeren Gitarren greifen mit mehr Tiefe im Klangbild.
Einen Punkt Abzug gibt es leider, weil Guild inzwischen für diese Gitarre keine Gigbag mehr inkludiert. Das wäre weiterhin wünschenswert.
Ansonsten wirklich eine gute Gitarre in dem Preisbereich, mit der man seriös arbeiten kann.